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Montag, März 04, 2019


heimat

zu hochgestochen  

                         zu aufgebläht

eine koreanische künstlerin sagt heimat ist da wo  ich meine matratze hinlege

schön gesagt aber dann bist du obdachlos 

habe mich befreit von der überhöhung und verklärung dieses begriffes

keim  des  nationalismus und  faschismus

wir verdrängen wie uns  heimat wurde

ein zwei drei  ich haue dich zu brei

und es schwingt der  bambusstock

kindheitserinnerung in den 1950er jahren

der mann mit dem schnauzbart

nein den meine ich nicht

ist nur der arme dorfschullehrer

hat die übeltäter versammelt  in der extrastunde

vortreten  

jeder einzeln

linke hand her

der bambusstock schwingt auf die handfläche

eine kindheit in den 1950er jahren

ich wandre aus nach buenos aires 

in einem schiff als blinder passagier

tempi passati

bruce  chatwin hat eine theorie des nomadenseins entworfen 

die sesshaftigkeit ist der grund  allen übels 

energie staut sich und bricht dann aus in hass gegen andere 

nomadenvölker sind nicht rassistisch

sie konvertieren ihre energie in raumbewegung

heimat

da drin war noch keiner

Sonntag, Januar 20, 2019

Aus dem Buch meines Lebens



Nachkriegsdeutschland. erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Deutsche Reich ist zerstört . Flüchtlingsströme irren durch Deutschland und Österreich. In einem Zug  sitzt der Großvater, der vor kurzem  vom amerikanischen Stadtkommandanten in einer oberfränkischen Stadt  des Landes verwiesen worden war. Vorausgegangen war dort ein Streit in einer Flüchtlingsunterkunft.
Ich  bin kein Deutscher, kein Jugoslawe, wer bin ich. Der Zug fährt nach Jugoslawien zurück in die Heimat, aber die gibt es nicht mehr. Die Familie wurde vertrieben.

Der Großvater hatte  einen Bruder, der war dort  Bürgermeister. Letzter Bürgermeister der deutschen Minderheit in einer Stadt, nicht weit von  Belgrad, begeistert  von der völkischen Erneuerung.  Er sang bei Goebbels  vor, war begeistert von der völkischen Erneuerung im Reich, sang bei Goebbels vor und wirkte nach dem Überfall Deutschlands im April 1941 auf Jugoslawien aktiv bei Folterungen, Verhören im Lager Svilara mit.
Lang aufgestauter Hass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entluden sich nach der Kapitulation Jugoslawiens mit ungeheurer Gewalt.Volksdeutsche in Pantschowa und Umgebung rasteten in einem noch nie da gewesenen Zivilisationsbruch völlig aus und führten auf eigene Faust Verhaftungen, Inhaftierungen, sogar Massenerschiessungen durch, was die deutschen Behörden veranlasste, dieses Lager wegen „unnötiger Grausamkeit“ aufzulösen. *

.  Als die Rote Armee  zusammen mit jugoslawischen Partisanenverbänden sich der Stadt näherte, appellierte der Bürgermeister an seine Landsleute zu bleiben. Der Großonkel  flüchtete mit dem Flugzeug, er und  seine Familie, nicht mit Pferdewagen, die im herbstlichen Morast  steckenblieben. Danach machte er eine Karriere  bei dem Deutschen Roten Kreuz, wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Ein Blitzlicht  auf die Zeit  der argentinischen Militär Diktatur: der Großonkel ist unterwegs mit seiner donauschwäbischen Theatergruppe, die im vornehmen Stadtteil Belgrano von Buenos Aires ein Gastspiel gibt.

Ein abgerissener  Großneffe-down and out in Buenos Aires-  ist bei dieser Veranstaltung auch anwesend mit den letzten Pesos in seiner Geldbörse. Der Großonkel fühlt sich verfolgt von seinem Neffen, hält ihn für einen kommunistischen Spion und verweigert ihm deswegen jegliche materielle Hilfe.

Ein weiteres Bild: Mitte der der 1950er Jahre Ich bin zu Besuch bei meinen Kusinen in einer württembergischen Kleinstadt. Plötzlich brechen  die Tanten und Onkel und sonstige Verwandte in einen ohrenbetäubenden Jubel aus. Der Grund, das Bundesverfassungsgerichtt hat die DKP  verboten, ein Gesinnungsurteil, das keineswegs mit dem Grundgesetz zu vereinbaren war.

Die Prügelrituale in Schule und  Familie. Wie  war es möglich, dass der Vater, der sogar ein Gedicht  nach der Geburt seines Erstgebornen geschrieben hatte,  seinen ältesten Sohn so grausam und brutal züchtigte?

Die Familie, ein ideologischer Apparat zur Anpassung an die Gesellschaft.

Glücklich derjenige, der die herrschenden Verhältnisse ohne  größere Blessuren überstanden hat.



*Vgl. Akiko Shimizu, die deutsche Okkupation des serbischen Banats 1941- 1944… 2006,S. 378