sie sitzen auf ihren koffern
sprechen eine unverständliche sprache
essen dinge, die du nicht kennst
in den gesichtern
der ausdruck von traurigkeit und verzweiflung
angst vor der zukunft
von der vergangenheit abgeschnitten
keinem ort, keiner gemeinschaft,
keiner zeit mehr zugehörig
manchmal ein aufflackern von hoffnung
wenn die klänge
ihrer musik sie in ekstatische trance versetzen
du bist anders, du hast deine sicherheiten
du täuschst dich,
du lebst von der abgrenzung zu ihnen
deine identität ist nichts anderes
als eine dünne zerbrechliche fassade
noch haben sie dich nicht anvisiert
noch kannst du deine maske aufrecht erhalten
aber die stunde der wahrheit kommt
alles niederreißend
arm oder reich
es wird opfer geben
zurück in die zukunft
und nach vorne
in die vergangenheit
kosmische zeit
Dieser Blog bietet ein breites Spektrum an Themen. Es finden sich darin u.a. autobiografische Texte, Momentaufnahmen, sowie experimentelle und politische Texte.
Blog-Archiv
Posts mit dem Label Flucht werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Flucht werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Freitag, Juli 12, 2019
Sonntag, Januar 20, 2019
Aus dem Buch meines Lebens
Nachkriegsdeutschland. erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Deutsche Reich ist zerstört . Flüchtlingsströme irren durch Deutschland und Österreich. In einem Zug sitzt der Großvater, der vor kurzem vom amerikanischen Stadtkommandanten in einer oberfränkischen Stadt des Landes verwiesen worden war. Vorausgegangen war dort ein Streit in einer Flüchtlingsunterkunft.
Ich bin kein Deutscher, kein Jugoslawe, wer bin ich. Der Zug fährt nach Jugoslawien zurück in die Heimat, aber die gibt es nicht mehr. Die Familie wurde vertrieben.
Der Großvater hatte einen Bruder, der war dort Bürgermeister. Letzter Bürgermeister der deutschen Minderheit in einer Stadt, nicht weit von Belgrad, begeistert von der völkischen Erneuerung. Er sang bei Goebbels vor, war begeistert von der völkischen Erneuerung im Reich, sang bei Goebbels vor und wirkte nach dem Überfall Deutschlands im April 1941 auf Jugoslawien aktiv bei Folterungen, Verhören im Lager Svilara mit.
Lang aufgestauter Hass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entluden sich nach der Kapitulation Jugoslawiens mit ungeheurer Gewalt.Volksdeutsche in Pantschowa und Umgebung rasteten in einem noch nie da gewesenen Zivilisationsbruch völlig aus und führten auf eigene Faust Verhaftungen, Inhaftierungen, sogar Massenerschiessungen durch, was die deutschen Behörden veranlasste, dieses Lager wegen „unnötiger Grausamkeit“ aufzulösen. *
. Als die Rote Armee zusammen mit jugoslawischen Partisanenverbänden sich der Stadt näherte, appellierte der Bürgermeister an seine Landsleute zu bleiben. Der Großonkel flüchtete mit dem Flugzeug, er und seine Familie, nicht mit Pferdewagen, die im herbstlichen Morast steckenblieben. Danach machte er eine Karriere bei dem Deutschen Roten Kreuz, wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Ein Blitzlicht auf die Zeit der argentinischen Militär Diktatur: der Großonkel ist unterwegs mit seiner donauschwäbischen Theatergruppe, die im vornehmen Stadtteil Belgrano von Buenos Aires ein Gastspiel gibt.
Ein abgerissener Großneffe-down and out in Buenos Aires- ist bei dieser Veranstaltung auch anwesend mit den letzten Pesos in seiner Geldbörse. Der Großonkel fühlt sich verfolgt von seinem Neffen, hält ihn für einen kommunistischen Spion und verweigert ihm deswegen jegliche materielle Hilfe.
Ein weiteres Bild: Mitte der der 1950er Jahre Ich bin zu Besuch bei meinen Kusinen in einer württembergischen Kleinstadt. Plötzlich brechen die Tanten und Onkel und sonstige Verwandte in einen ohrenbetäubenden Jubel aus. Der Grund, das Bundesverfassungsgerichtt hat die DKP verboten, ein Gesinnungsurteil, das keineswegs mit dem Grundgesetz zu vereinbaren war.
Die Prügelrituale in Schule und Familie. Wie war es möglich, dass der Vater, der sogar ein Gedicht nach der Geburt seines Erstgebornen geschrieben hatte, seinen ältesten Sohn so grausam und brutal züchtigte?
Die Familie, ein ideologischer Apparat zur Anpassung an die Gesellschaft.
Glücklich derjenige, der die herrschenden Verhältnisse ohne größere Blessuren überstanden hat.
*Vgl. Akiko Shimizu, die deutsche Okkupation des serbischen Banats 1941- 1944… 2006,S. 378
Abonnieren
Posts (Atom)